Kommentar zu: Wolfgang Huber, Systemrelevanz und Resonanzkrise

In Zeitzeichen

 

Da ist sie wieder, die falsche Alternative, die die ganze Diskussion seit 2006 begleitet. Hier lautet sie nun: Resignation oder Innovation. “Deshalb muss auch zuallererst im Gottesdienst erkennbar werden, aus welchem Geist heraus wir unsere Kirche gestalten, bewahren und erneuern wollen – aus einem Geist der Resignation oder der Innovation“, schreibt Huber, und weiter: “Ich sehe einen solchen resignativen Ton dort, wo die Debatte über die Mitgliederzahlen das kirchliche Selbstbild prägt. Dann rücken nicht die Aufgaben ins Zentrum, um derentwillen es die Kirche gibt“, und außerdem: “Der Begriff der Innovation besagt auch, dass wir uns durch Gottes Geist erneuern lassen und dafür neue Formen und Initiativen nicht scheuen, sondern suchen.“

 

Dass es sich dabei um eine tatsächliche Alternative handelt, ist nicht zu bestreiten: Resignation und Innovation schließen sich tatsächlich gegenseitig aus. Die Frage aber ist, wer steht für die Resignation und wer für die Innovation, oder mit den anderen von Huber verwendeten Formulierungen: wer steht für die “Beibehaltung der bisherigen Strukturen“ und wer für “aktive Umgestaltung und Neuorientierung der kirchlichen Arbeit“? Diese Frage beantwortet Huber nicht. Aber er muss es auch nicht, weil er getrost davon ausgehen kann, dass seine Leserinnen und Leser die Zuordnungen in seinem Sinne schon vornehmen werden. 

 

Die ganzen, wenn auch sehr klugen, Gedanken zu den Stichworten “Systemrelevanz“ und “Resonanzverlust“ hätte er sich sparen können. Denn erst hier bringt er zur Sprache, worum es ihm eigentlich geht, nämlich um das inzwischen fast schon sprichwörtlich gewordene Gespenst der “Beharrungskräfte“, die “eingehegt“ werden müssen. Er nennt es nicht beim Namen, aber man darf ihm unverstellen, dass er genau davon spricht. Und auch Huber dürfte kaum von Zweifeln geplagt sein, wer auf welcher Seite zu finden ist - hätte er sie, dann wäre hier die Gelegenheit, sie zur Sprache zu bringen. Die Botschaft zwischen den Zeilen ist zu eindeutig. Um neue Erkenntnisse handelt es sich hier allerdings nicht.

 

Es ist müßig, die Argumention im einzelnen durchzugehen, da sich die Argumente zu wiederholen beginnen. Mir liegt allerdings sehr daran, zum Kern des Disputes vorzustoßen. Und der liegt in dem Feindbild, das sich hinter den Überlegungen Hubers verbirgt: das Gegenmodell zur Kirche der Freiheit als einer Kirche, die resigniert auf Zahlen schaut und sich ängstlich an Strukturen klammert. Mir zumindest geht es, der ich Resignation und Festhalten an Strukturen in der Kirche geradezu tagtäglich vor Augen habe, um tatsächliche, um echte Innovation in der Kirche, um die Beseitigung von Blockaden, die sie verhindern, um eine Aufhebung der Entmündigung von Pfarrerinnen und Pfarrern und Gemeinden, um eine echte Verwirklichung der Freiheit eines Christenmenschen und des Priestertums der Getauften. Dies alles ist bei den Reformen im EKD-Stil überhaupt nicht im Blick. Ich selber habe dazu Vorschläge gemacht, wonach sich googeln lässt. Aber das ist natürlich nicht interssant für die, die sich nicht schon längst auf die Kirche der Freiheit festgelegt haben. 

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